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Linda Samaraweerová

Ausblick TQW Körper- & Performancepraktiken

 

Ausblick TQW Körper- & Performancepraktiken

Körper- & Performancepraktiken – ehemals Training & Workshops – ist ein offenes Format, das sich an die lokale professionelle Tanz- und Performanceszene, aber auch an Künstler*innen aus anderen Bereichen sowie an Kunstinteressierte ohne besondere Vorkenntnisse richtet. Es versteht sich als ein erweitertes Trainingskonzept, um verschiedene Formen des Wissens aus der Perspektive des Tanzes und der Choreografie zu betrachten und zu erforschen. Dieses neue Format möchte einen Ort generieren, an dem ein aktueller künstlerischer und methodischer Diskurs in der Praxis erfahrbar wird. Ein bewegter Möglichkeitsort soll entstehen, an dem gemeinsam experimentiert, künstlerisch untersucht, geforscht, geträumt, diskutiert, riskiert, realisiert, konstruiert und dekonstruiert wird. Die Tanz- und Körpertechniken des 20. Jahrhunderts sind bereits klar definiert und können gut weitergegeben werden. Viele zeitgenössische Choreograf*innen haben in den langen Recherchen, die ihre Produktionen begleiten, sehr spezifische Methoden entwickelt, die man vielleicht bereits als Techniken des 21. Jahrhunderts betrachten könnte. In diesem Sinne will Körper- & Performancepraktiken als ein besonderer Ort für künstlerische Wissensvermittlung und -produktion in Praxis – durch eine unmittelbare Körper- und Tanzerfahrung – verstanden werden.

Die Frage danach, was das adäquate Training im zeitgenössischen Tanz- und Performancebereich ist, kann nur jede*r für sich individuell beantworten. Der zeitgenössische Tanz ist vor allem Freiheit in der Vielfalt, und innerhalb dieser Vielfalt ist es wiederum notwendig, Orte der Fokussierung zu schaffen. Passend zum TQW Programmschwerpunkt 20 Years of TQW – Past / Present / Future rückt Körper- & Performancepraktiken in den Monaten September und Oktober die Fokussierung auf unterschiedliche Intentionen im Tanz in den Vordergrund. Welche Haltungen werden zurzeit erforscht, besprochen, getanzt? Wofür lohnt es sich zu tanzen? Mit welchen geistigen und körperlichen Haltungen beschäftigen sich lokale und internationale Choreograf*innen, Tänzer*innen und Performer*innen? Welche neuen Intentionen bewegen uns und werden von uns konstruiert und praktiziert? Ergänzend dazu werden im Rahmen dieses erweiterten Trainingskonzepts auch Künstler*innen und Denker*innen aus anderen Bereichen eingeladen, um der Komplexität der aktuellen Tanz- und Performanceprozesse und ihrer Fragestellungen gerecht zu werden.

Am 20. September startet das erweiterte Trainingsprogramm mit dem Festival der Intentionen, bei dem u. a. die Choreograf*innen und Performancekünstler*innen Krõõt Juurak, Lisa Hinterreithner, Manuel Pelmuş, Robert Steijn und Stav Yeini Workshops anbieten werden. Der niederländische Performancekünstler Robert Steijn beginnt die Trainingssaison am 20. September, indem er fünf Tage lang seine Praxis im Rahmen von jeweils dreistündigen Workshops vorstellt. In diesen beschäftigt er sich mit der Idee des Gebets und führt uns auf sanftem Weg in unbekannte Gebiete des Selbst und des Universums. In praying while dancing bekommt das bereits stark besetzte Konzept des Gebets neue, interessante Konturen, wird aufgeweicht und für einen neuen, spielerischen Umgang geöffnet. Dieser Umgang zeigt und erreicht eine unerwartet angenehme Tiefe, indem gesellschaftliche sowie psycho-philosophische Fragestellungen auf einer neuen Erfahrungsebene bearbeitet werden. „We create a prayer of different intentions: a dance of gratitude, a dance of compassion, a dance of connecting with nature, a dance of connecting with a community, a dance of celebrating gender, sexual identities, the non-binary body, a dance of emancipation, a dance of resistance. For me it is important to pray when I dance because I am no longer critically aware if I dance well. I am practicing devotion – to become devoted to the spiritual expansion of movement“, so Robert Steijn.

Im Oktober thematisiert die österreichische Choreografin Lisa Hinterreithner in ihrer Praxis Mechanismen gesellschaftlicher Gefüge. Die Körperlichkeit ist dabei ein psycho-philosophisches Feld, das entladen oder bewusst neu aufgeladen werden kann. Zur gleichen Zeit stellt der aus Rumänien stammende und international gefragte Performancekünstler Manuel Pelmuş seine Praxis in einem zweitägigen Workshop vor. Pelmuş könnte als einer der Protagonist*innen des „new performance turn“ angesehen werden, Künstler*innen, die die Rolle der Performance im Kontext der bildenden Kunst neu interpretiert haben. Seine Projekte wurden u. a. in Institutionen wie der Tate Modern, London, dem Centre Pompidou, Paris, oder dem Museum der Moderne, Salzburg, präsentiert. 2013 vertrat er Rumänien auf der 55. Biennale von Venedig mit einem Gemeinschaftsprojekt mit Alexandra Pirici. Die in Wien lebende estnische Performancekünstlerin Krõõt Juurak kommt im Oktober mit ihrer Praxis der Performance Therapy für zwei Wochen ins Tanzquartier Wien: „We will work partly in the studio, partly field research and partly as a party. A great emphasis will be placed on deprofessionalisation. No previous experience with performance or therapy necessary. Wear whatever, not necessarily comfortable.“ Mit der bei P.A.R.T.S. ausgebildeten Choreografin und Performerin Stav Yeini ist eine Stellvertreterin der Praxis einer jüngeren künstlerischen Generation aus Belgien zu Gast. Weiters geplant sind die Traumpraktiken der slowenischen Choreografin und Tänzerin Mala Kline, und im Dezember können wir uns auf die aktuelle Recherche mit Fokus auf Musik des Choreografen Jonathan Burrows mit Bojana Cvejić freuen.

Sehr gerne wollen wir zudem alle Kunst- und Tanzinteressierten zuJust do it – den wöchentlichen Mittwochabendstunden des in Österreich lebenden russischen Choreografen Oleg Soulimenko einladen: „This training is open to everyone who is interested in the practice of performance and dance and who is looking for sources of inspiration to expand and reflect their own creative process.“

 
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