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PARASOL Chat 5/5

Camilla Schielin im Gespräch mit Gianna Virginia Prein

 

Camilla Schielin im Gespräch mit Gianna Virginia Prein

Die fünf PARASOL-Teilnehmer*innen haben ihre erste Probenphase mit Ian Kalers Ecto-Fictions abgeschlossen und auf die Bühne gebracht. Gianna Virginia Prein, Schreibende und Künstlerin, die die diesjährige Gruppe begleitet, nutzt die Sommerpause, um mit den Teilnehmer*innen skizzenhafte Gespräche über Probenprozesse und -praktiken zu führen. Mit Camilla Schielin sprach sie über das Ruhen im Material, Arbeitsökonomien und das Erleben während dem Performen.

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Gianna Virginia Prein: Choreografieren oder Tanzen?

Camilla Schielin: Tanzen.

GVP: Wieso PARASOL? … wieso nicht?

CS: Ich mag das Konzept von PARASOL, eigentlich find ich spricht sehr wenig dagegen. Außerdem finde ich Ian und Alix als Künstler*innen sehr spannend. Neben eigenen Arbeiten empfinde ich es als sehr bereichernd für andere Choreograf*innen zu performen und in ihre Arbeitsweisen und Prozesse einzutauchen. Und natürlich gibt es auch ganz pragmatische Gründe: Die Miete muss gezahlt werden und Freelancing ist oft prekär. Gefühlt gibt es in Wien wenig öffentlich ausgeschriebene Stellen für Performer*innen. Für sechs Monate im Jahr angestellt zu sein, ist im freiberuflichen Arbeiten eher eine Seltenheit.

GVP: Leider war ich bei deiner letzten Performance in a tryst nicht in Wien. Was beschäftigt dich gerade sehr? (… in deiner Praxis?)

CS: Mich beschäftigt nach meiner letzten Arbeit im Speziellen das künstlerische Arbeiten an sich. Es hat etwas sehr Zyklisches, einen Moment – den der Performance – so lange vorzubereiten: Dann ist der Moment da aber auch sehr schnell wieder vorbei, bis der nächste Prozess beginnt. Dabei interessiert mich, wie diese Prozesse gebaut werden und vielleicht auch nachhaltig sein können. Was es heißt, Performer*in zu sein und künstlerische Entscheidungen zu fällen. Wie eine gemeinsame Erfahrung entstehen kann, was diese Beziehung zwischen Performer*in und Zuseher*innen ist. Was möchte ich teilen und wie kann ich eine Art Gastgeberin sein. Es ist sehr kostbar, wenn ein oder mehrere Körper so viel Aufmerksamkeit bekommen.

GVP: Je nach Zuseher*innen bekommen diese Themen auch unterschiedliche Relevanz; sind es Kolleg*innen, die selbst mit ähnlichen Fragen konfrontiert sind oder Personen, die nicht selbst im Kunst- und Kultur Bereich praktizieren. Reibungspunkte ergeben sich automatisch dadurch, dass das Thema der künstlerischen Arbeit unter Anderem das generelle Thema der „Arbeit an sich“ oder auch soziale Aspekte berührt. Das Zyklische kann sich dabei endlos weiterführen, solange es nur wohin rollt, idealerweise dahingehend, dass sich die Realitäten, die verhandelt werden, irgendwie mitformen. Welche Schwierigkeiten begegnen dir beim Performen?

CS: Es kommt sehr auf das Material an, aber ich wünsche mir immer, dass ich während der Aufführung in dem jeweiligen Material ruhen kann. Ians Transparencies-Praxis fand ich dafür sehr hilfreich. In der anfänglichen Version gibt es eine Person, die den „Bühnenraum“ betritt, aber nur steht. Die anderen sehen zu. Die Person, die performt, ist quasi einfach. Sie beobachtet, was die Situation mit ihr macht. Geht der Herzschlag schneller? Was passiert im Körper? Wie kann man in der Situation permeable sein aber zu den anderen eine Verbindung bewahren? Damit werden Verhältnisse verhandelt und Beziehungen, wenn wir gemeinsam einen Raum teilen.

GVP: Was hat dich an Ecto-Fictions am nachhaltigsten geprägt, falls es das hat?

CS: Die Begegnung mit den Pferden war schon sehr besonders. Von Angesicht zu Angesicht mit einem so großen Lebewesen zu sein, kreiert eine erhöhte Aufmerksamkeit mit was um mich herum passiert. Welche Signale ich sende, welche mich erreichen und ob ich sie lesen kann. Wie kann mit dieser Erfahrung gearbeitet werden? Wie kann Empfindlichkeit verhandelt werden, wenn das Setting nicht mehr der Pferdestall, sondern die Halle G und somit eine Bühne ist, die mit Verantwortungen oder vielleicht Verpflichtungen verbunden ist.

GVP: Was würdest du sagen sind diese Verantwortungen oder Verpflichtungen der Bühne?

CS: Verpflichtung ist vielleicht doch zu streng, aber Verantwortung. Für mich ist das wahrscheinlich abzuholen oder einen Moment von Verbindung zu schaffen, auch wenn das vielleicht danach wieder gebrochen wird.

GVP: Gibt es etwas, das du dich bisher noch nicht getraut hast, aber gerne würdest?

CS: Ich wollte jetzt sagen eine Band gründen, aber das stimmt so nicht, denn das ist schon passiert. Es gab jedoch nur eine Bandprobe derweil. Ok, dann ist es eigene Musik zu machen und Musik zu schreiben.

GVP: Gibt’s schon einen Namen?

CS: Oh tatsächlich schließt sich hier der Kreis zu PARASOL, denn die Band heißt Hotline Calypso. Und Calypso ist mein Pferdename aus dem Prozess mit Ian.

Camilla Schielin ist Tänzerin und Performerin, sie lebt und arbeitet in Wien. Sie studierte zeitgenössischen Tanz und Performance in Österreich und Deutschland und arbeitete u. a. mit Nick Mauss für das Museum Ludwig in Köln und mit Doris Uhlich. 2021 zeigte sie ihr Solo take me to my house im Rahmen des Rakete-Festivals im TQW.

 
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