Editorial April–Juni 2025
Liebes Publikum, liebe Künstler*innen,
im Juni 2025 endet nach acht Jahren meine Zeit als Intendanz im Tanzquartier Wien. Dies ist das letzte Editorial, das letzte Programmheft, dies sind die letzten Performances und Projekte unter meiner künstlerischen Leitung.
Es waren für mich spannende, aber z. B. aufgrund der Corona-Pandemie auch herausfordernde Jahre mit unglaublich vielen künstlerischen Arbeiten und programmatischen Setzungen, auf die ich gerne – hier nur exemplarisch – zurückblicke: Den Startschuss gab 2018 Doris Uhlich, eine Choreografin, deren Arbeiten ich schon seit Langem begleite. Every Body Electric, ein Ensemblestück für Performer*innen im (elektrischen) Rollstuhl, setzte gleich zu Beginn ein Zeichen für Diversität. Das Gruppenstück DANZA Y FRONTERA von Amanda Piña widmete sich einem präkolonialen, aber noch immer praktizierten Tanz aus dem Grenzgebiet zwischen Mexiko und den USA in Form einer popkulturellen Aneignung. Mehrere Arbeiten des belgischen Superstars Miet Warlop, der Schweizer Ausnahmechoreografin Alexandra Bachzetsis, der iranisch-französischen Performance-Ikone Sorour Darabi und des schwedischen Publikumslieblings Jefta van Dinther bleiben ebenso im Gedächtnis. Und natürlich Florentina Holzinger, deren erste Arbeit Kein Applaus für Scheiße ich bei imagetanz im brut Wien gezeigt habe und mit der ich seitdem – auch am TQW – zusammenarbeite: sei es bei der Weltpremiere von TANZ oder der Koproduktion von A Divine Comedy und Ophelia’s Got Talent. Es freut mich deshalb sehr, meine letzte Saison mit Florentina Holzingers neuer Bühnenarbeit A Year without Summer zu beschließen.
2021 feierten wir mit einem sechswöchigen Themenschwerpunkt das 20-jährige Bestehen des TQW. Um den prekären Schaffensbedingungen, mit denen junge Künstler*innen zu kämpfen haben, entgegenzuwirken, gründeten wir 2022 PARASOL – eine Tanzgruppe des TQW. Und zur Förderung der internationalen Sichtbarkeit der lokalen Szene gaben wir den Anstoß für die Wiederaufnahme der Choreographic Platform Austria. Es gelang mir, die sechs maßgebenden österreichischen Institutionen im Bereich zeitgenössischer Tanz und Performance nach zwölf Jahren ohne Plattform wieder an einen Tisch zu bringen, sodass wir gemeinsam die CPA 2023 realisieren konnten.
Stolz bin ich auch auf die Einführung des TQW Magazins, in dem seit 2018 konsequent jede gezeigte Produktion besprochen wird, sowie auf die Gründung des Festivals Rakete, das seit 2018 jedes Jahr im Mai dem choreografischen Nachwuchs besondere Aufmerksamkeit schenkt. Im Lauf der Jahre präsentierte das Festival erste Arbeiten von Künstler*innen wie Lau Lukkarila, Mohamed Toukabri, Luca Bonamore, Camilla Schielin, Oona Doherty u. v. m. Seit 2018 ist außerdem das S_P_I_T_ – Queer Performance Festival Vienna am TQW beheimatet und bietet Gelegenheit, in die facettenreiche queere Performanceszene Wiens einzutauchen.
Zahlreiche aufregende Kooperationen, u. a. mit dem Belvedere, der Kontakt Sammlung, der Kunsthalle Wien, der Secession, den Wiener Festwochen, dem MAK, Wien Modern, dem Wiener Musikverein dürfen auch nicht vergessen werden!
Abschließend lade ich nun zu einem Tauchgang in die noch verbleibenden Monate April bis Juni ein. Außerdem möchte mich 1000-mal beim Team des TQW, bei den Kurator*innen Christa Spatt, Carolina Nöbauer, Lewon Heublein und Anna Leon sowie bei allen Besucher*innen der letzten acht Jahre bedanken und meinen Nachfolger*innen alles Gute, viel Erfolg und Freude mit dem TQW wünschen!
Bettina Kogler
Künstlerische Leitung & Programm