Theorie 
Virginie Bobin

How (Not) to Disappear in Translation

Virginie Bobin

ist Doktorandin an der Akademie der bildenden Künste in Wien und Mitbegründerin von Qalqalah قلقلة. Sie entwickelt kollaborative Projekte, die die Form von Ausstellungen, Publikationen, Workshops, Seminaren, Texten, Übersetzungen oder Gesprächen mit Künstler*innen, Kurator*innen, Researcher*innen, Performer*innen und Kunststudierenden annehmen können. Bobin interessiert sich für eine feministische Herangehensweise ans Übersetzen als eine Möglichkeit des Verlernens mit anderen.

qalqalah.org

How (Not) to Disappear in Translation

„Interpreters are not used to speaking in their own name: it’s a professional tic.“
„The interpreter disappears. Disappearing is just her expertise, her value.“
„I am not here. I must be invisible. It allows me to keep a certain distance.“

Im Rahmen umfassenderer Forschungen zu den politischen und affektiven Praktiken des Übersetzens führte Virginie Bobin Gespräche mit professionellen und ehrenamtlichen Dolmetscher*innen, die mit Menschen arbeiten, die in Frankreich politisches Asyl beantragt haben. Im Rahmen des Asylrechts sind die Dolmetscher*innen täglich mit Geschichten von Gewalt konfrontiert, die sie für die französische Behörden verständlich machen sollen. Sie arbeiten an der Schnittstelle zweier Wahrheitsregime: der Wahrheit der Erzählenden, die oft „die Grenzen der patriarchalen Zeit und Wahrheit überschreitet“ (Trinh T. Minh-ha), und jener der Behörden, die deren Geschichte nach bestimmten Kriterien der Glaubwürdigkeit und anhand von Beweisen bewerten, um ihnen Zugang zu einer Reihe von Rechten zu gewähren – oder zu verweigern. In diesem Dazwischen wird von den Dolmetscher*innen erwartet, dass sie strikte Neutralität wahren, dass sie quasi „verschwinden“ – ein Verb, das in den Gesprächen häufig vorkommt. Als Reaktion auf diese unmögliche Forderung erklären einige von ihnen, dass sie gelernt haben, ihre Arbeit als eine Performance oder ein Rollenspiel zu betrachten. Doch wenn Dolmetscher*innen in ihrem eigenen Namen sprechen, handelt es sich vielmehr um eine „Performance des Bezeugens“ (Amber Jamila Musser), die jene Machtmechanismen offenlegt, die bei der staatlichen Verwaltung des Exils eine Rolle spielen.

Im Zuge von zwei Workshops lädt Virginie Bobin die Teilnehmer*innen ein, anhand eines Drehbuchs, das aus Auszügen aus ihren Gesprächen mit Dolmetscher*innen besteht, mit verschiedenen Modalitäten des Lesens, Sprechens, Zuhörens und Vertonens zu experimentieren. Das Skript fokussiert auf verschiedene relationale, ethische und politische Aspekte dessen, was geschieht, wenn das Übersetzen Prozesse des Erzählens, Bezeugens und Zuhörens innerhalb des kodifizierten Raums des Gesetzes vermittelt und verkompliziert. In den Workshops wird versucht, einen Raum zu schaffen, in dem wir gemeinsam zwischen den Zeilen zuhören können – auf das, was zum Schweigen gebracht, nicht gesagt oder nicht übersetzt wurde. Indem wir verschiedene Arten der Interpretation des Drehbuchs proben, denken wir darüber nach, wie eine betroffene Übersetzungspraxis zu einer einfühlsameren Einstimmung auf „unmögliche Geschichten“ (Saidiya Hartman) führen und Neutralität oder Unsichtbarkeit verweigern kann.

Virginie Bobin

ist Doktorandin an der Akademie der bildenden Künste in Wien und Mitbegründerin von Qalqalah قلقلة. Sie entwickelt kollaborative Projekte, die die Form von Ausstellungen, Publikationen, Workshops, Seminaren, Texten, Übersetzungen oder Gesprächen mit Künstler*innen, Kurator*innen, Researcher*innen, Performer*innen und Kunststudierenden annehmen können. Bobin interessiert sich für eine feministische Herangehensweise ans Übersetzen als eine Möglichkeit des Verlernens mit anderen.

qalqalah.org

16.01.+
Mo
17–19 Uhr
17.01.
Di
10–13 Uhr
16.01.+
Mo
17–19 Uhr
17.01.
Di
10–13 Uhr
TQW Studios
Teilnahme kostenlos, Anmeldung erforderlich

Workshop 1 richtet sich an professionelle und ehrenamtliche Dolmetscher*innen sowie an Personen, die im Bereich des Asylrechts in Wien tätig sind.

Workshop 2 steht allen Interessierten offen.

In den beiden Workshops wird hauptsächlich Englisch gesprochen. Falls erforderlich werden auch andere Sprachen und Übersetzungsmodalitäten berücksichtigt.

 

 

 
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