Festival
Rakete

Choreografie & Performance einer neuen Generation

Choreografie & Performance einer neuen Generation

Mit: Luisa Fernanda Alfonso, Agnes Bakucz Canário, Luca Büchler, Ewa Dziarnowska, verena herterich mit Oravin, NEUM, Adam & Amina Seid Tahir

Rahmenprogramm: adO/Aptive, Isabelle Edi / isocialbutterflyy, Matthew T. Huber, Plot Toy, Prosopopoeia, Lauryn Youden

Mit choreografischer Hingabe an die Verstrickung von Körper und Sound dekonstruieren die Künstler*innen des Rakete Festivals voller leiser Ekstase und lauter Zärtlichkeit unsere Zeiterfahrungen. In intimen Szenerien abseits von Funktionalität und Spektakel kreieren sie Momente für aufmerksames Zuschauen und offenes Zuhören – und schaffen dabei Räume, in denen der Blick von außen, ganz ähnlich wie im eigenen Zuhause, abwesend scheint.

Tanz(en) als Aushebeln von Zeit; als Rückzugsort und als Tool für Kollektivität. Mal explizit, mal assoziativ – immer wieder erscheint in dieser Ausgabe des Festivals diese Verzahnung von Zeit und Sich-Zuhause-Fühlen.

Zwischen Stühlen, Scheinwerfern und Lautsprechern begeben sich die Künstler*innen auf die Suche nach Rückzugsorten und befragen ihre Herkunft; in ausufernden Stücklängen oder transgressiver Beschleunigung, mit langsamen Gesten und ausbrechenden Haltungen, als roughes Noise-Konzert oder chorische Komposition, in dunklen Séancen und schillernden Bildern erproben sie neue ästhetische Blickwinkel auf Tanz und Performance. Rakete verschreibt sich diesen Ambivalenzen und lädt, auch im Rahmenprogramm – bestehend aus Listening Sessions, Lesungen, Workshops und einer Lecture mit einem marxistischen Blick auf die Klimakatastrophe, schließlich ist dieser Planet unser aller Zuhause – zum widerständigen Verweilen ein.

Lewon Heublein, Kurator Rakete

03.05.
25.05.
Fr–Sa
 
TQW Studios

Tagesticket € 20/15
Eröffnungswochenende: € 15/10

Festival Day 1
03.05.

This resting, patience ist zugleich gespenstisches Archiv brachliegender Sinnlichkeit, installatives kinetisches Fade-out und somatischer (Strip-)Tease. Das Stück thematisiert Anziehung, freiwillige Objektivierung, Nähe und die Ästhetik des Entblößens. Das experimentelle Format unterwandert die Passivität von Installationen und den zeitlichen und dramaturgischen Aufbau von Performances. Tanz wird nicht als entfremdetes Spektakel inszeniert, sondern vielmehr als Form der Geselligkeit – zeitlos und demokratisch. In seiner radikalen Hingabe an den Körper entwirft This resting, patience eine Zukunft, für immer schwebend und sich entfaltend, ganz und gar zärtlich, betörend aufmerksam.

Festival Day 2
04.05.

Plot Toy präsentiert Jazmina Figueroa, litte star und syp/biz.

Plot Toy (*2022), betrieben von Chris Attila Izsák und Juan Francisco Vera, agiert aus dem Interesse heraus, klangbezogene Praktiken in künstlerischen Kontexten zu präsentieren und transdisziplinäre Netzwerke zu etablieren. Ein Schwerpunkt ist die Veröffentlichung von Musik, die Plot Toy nicht als „Genremusik“ betrachtet.

Jazmina Figueroa ist eine in Berlin lebende Schriftstellerin. In ihren aufgezeichneten und arrangierten Performances, veröffentlichten Prosaarbeiten sowie anderen künstlerisch-essayistischen Produktionen beschäftigt sie sich mit dem, was mit Entropie korreliert.

little stars Musik reicht von Ambient über Mall-Pop und Rock-Beat-Loops bis hin zu mittelalterlicher Flötenmusik. Wie ein roter Faden zieht sich der vielfältige Einsatz von Sampling in Audio- und visuellem Material durch seine Arbeit. little star lebt und arbeitet in Wien.

syp/biz ist ein in Paris ansässiges Kollektiv, das sich in den Bereichen bildende Kunst, Musik und Mode bewegt. Das Inszenieren als Akt des Raum-Schaffens sowie Definierens von Rahmenbedingungen für andere ist eine von syps Hauptmotivationen. syp verfolgt die Idee, Sichtbarkeit durch das Infiltrieren von Plattformen und word of mouth zu erzeugen und so aktiv Raum für Gerüchte schaffen.

This resting, patience ist zugleich gespenstisches Archiv brachliegender Sinnlichkeit, installatives kinetisches Fade-out und somatischer (Strip-)Tease. Das Stück thematisiert Anziehung, freiwillige Objektivierung, Nähe und die Ästhetik des Entblößens. Das experimentelle Format unterwandert die Passivität von Installationen und den zeitlichen und dramaturgischen Aufbau von Performances. Tanz wird nicht als entfremdetes Spektakel inszeniert, sondern vielmehr als Form der Geselligkeit – zeitlos und demokratisch. In seiner radikalen Hingabe an den Körper entwirft This resting, patience eine Zukunft, für immer schwebend und sich entfaltend, ganz und gar zärtlich, betörend aufmerksam.

Festival Day 3
10.05.

In Vorbereitung auf den Vortrag von Matthew T. Huber findet eine adO/Aptive Reading Group in der TQW Bibliothek statt. Dabei werden die Kernthesen seines 2022 bei Verso erschienen Buchs Climate Change as Class War beim gemeinsamen Lesen herausgearbeitet und diskutiert.

Die Texte werden vor Ort zur Verfügung gestellt, eine Vorbereitung ist nicht erforderlich.

 

Der Vortrag von Matthew T. Huber bietet einen Überblick über die Thesen seines Buchs Climate Change as Class War: Building Socialism on a Warming Planet. Das Hauptargument geht davon aus, dass die Klimakatastrophe im Kern ein Klassenkampf darum ist, wer die Mittel der Energieproduktion besitzt und kontrolliert. Der Vortrag befasst sich mit den drei Klassen, die im Mittelpunkt dieses Kampfes stehen: (1) die Klasse der Kapitalist*innen, die für die Emissionen verantwortlich ist, (2) die Klasse der Berufstätigen, die die bisher unwirksame Klimapolitik vorantreibt, und (3) die Arbeiter*innenklasse, die aufgrund ihrer zahlenmäßigen Stärke als Mehrheit der Gesellschaft und ihrer strategischen Position in genau den Sektoren, die wir umgestalten müssen, potenziell die Macht hat, transformative Maßnahmen durchzusetzen.

Für diese Lecture wird Matthew T. Huber via Zoom in die TQW Studios zugeschaltet. Moderation: Anna Leon (TQW Theorie)

Im Vorfeld von Hubers Vortrag findet eine adO/Aptive Reading Group in der TQW Bibliothek statt.

Tanz & Performance 

NEUM

Live

TQW Studios

NEUM ist das noch ungeborene Wunderkind von MИNA und OMI. Im Rahmen von Rakete treten sie das erste Mal in dieser Konstellation auf und präsentieren als gesichtslose, von körperlicher Verzweiflung angetriebene Diener*innen ihre Songs. Inspiriert von Noise, Metal und alten slawischen Volksklängen reihen sie schweren Atem, Verzerrung und episodische Schreie aneinander.

Intime, liebeskranke Texte und die Beschäftigung mit „The End“ bilden eine Emo-Séance, einen Zauberschwur und ein Requiem für das astrale und physische Selbst in seinen Zyklen von Leben und Tod. SADIS-ROSE schafft Atmosphären der Unsicherheit, der spirituellen Hingabe, der Gemeinschaft und der zarten Empfindsamkeit, bis hin zu einer messianischen Verletzlichkeit als Ort der kollektiven Erlösung.

Festival Day 4
11.05.

Dieser von Inga Charlotte Thiele und Laura Hinrichsmeyer konzipierte Workshop mit dem Titel Dear know-it-all, how did sentences come to exist? ist der Dichterin Bernadette Mayer gewidmet. Ausgehend von ihrem oft dialogischen Schreiben werden gemeinsam Texte Mayers (u. a.) gelesen, Schreibversuche erprobt und Geschriebenes besprochen. Im Mittelpunkt des Workshops stehen insbesondere Mayers Writing Experiments (L=A=N=G=U=A=G=E #3, 1978) sowie der Fragen-Antworten-Austausch zwischen Mayer und dem Poeten Bill Berkson mit dem Titel What’s Your Idea of A Good Time?, der bereits um 1977 begann und 2006 veröffentlicht wurde.

Tanz & Performance 

NEUM

Live

TQW Studios

NEUM ist das noch ungeborene Wunderkind von MИNA und OMI. Im Rahmen von Rakete treten sie das erste Mal in dieser Konstellation auf und präsentieren als gesichtslose, von körperlicher Verzweiflung angetriebene Diener*innen ihre Songs. Inspiriert von Noise, Metal und alten slawischen Volksklängen reihen sie schweren Atem, Verzerrung und episodische Schreie aneinander.

Intime, liebeskranke Texte und die Beschäftigung mit „The End“ bilden eine Emo-Séance, einen Zauberschwur und ein Requiem für das astrale und physische Selbst in seinen Zyklen von Leben und Tod. SADIS-ROSE schafft Atmosphären der Unsicherheit, der spirituellen Hingabe, der Gemeinschaft und der zarten Empfindsamkeit, bis hin zu einer messianischen Verletzlichkeit als Ort der kollektiven Erlösung.

Festival Day 5
17.05.

In Masterpiece erforscht und verkörpert Luisa Fernanda Alfonso Charaktertänze wie den mexikanischen Mariachi. Dieser zeichnet sich aus heutiger Perspektive durch ein Übermaß an Dramatik, Expressivität und Sexualisierung aus. Hin- und hergerissen zwischen Nostalgie und Irritation, zwischen Faszination und Frustration geht die Performerin der Frage nach, ob und unter welchen Bedingungen diese Ausdrucksformen heute noch eine Berechtigung haben.

Gemeinsam mit dem Komponisten Peter Rubel und umgeben von einer Vielzahl von Lautsprechern beschäftigt sich Alfonso mit der Poetik des Aufbaus, des Abbaus, der Wiederholung, der Variation, der Verwandlung, der Unterbrechung und des Abbruchs von Tänzen und Liedern, die versuchen, in Konsonanz und Dissonanz zu existieren. Die Lautsprecher werden von der Performerin zu Klangskulpturen, Affektträgern, ja sogar Liebhabern umfunktioniert, für die sie gefühlvoll schwelgend Coverversionen lateinamerikanischer Folkloreklassiker zum Besten gibt.

Die Performer*in tastet sich entlang innerer Unebenheiten und geologischer Unruhen in Landschaften vor. Sie begegnet Sedimenten und beginnt, das entstehende physische Relief umzuformen und zu zersetzen. Dieses Relief ist (auch) der Körper. Ein weiblich gelesener Körper, der in seiner Materialität nichts anderes als Körper zu verkörpern sucht, sich in ein (Aus-)Graben und Loslösen begibt. Die Performer*in bringt ihre Figur aktiv und sorgsam drängend episch zu Fall. Eine Körperarchäologie, die Fragmente, Facetten und Ablagerungen freilegt, sie in den Raum trägt und dort Raum nehmen lässt. Der Körper wird zum Sensor, zur Strategie, zur Emanzipation, zur Sprache, zur Schlagkraft und zum genussvollen Umformen der eigenen (Ver)Form(ung).

Festival Day 6
18.05.

Because, you say ‘I’ for me (2024) ist eine Listening Session und Lesung von Lauryn Youden aus ihrer Soundarbeit Those stones which also express themselves at dawn (2021). Zudem liest die Künstlerin aus ihrem Text Nocebo (2018).

Nocebo (2018), zugleich Krankengeschichte und autotheoretischer Essay, folgt Youdens Beziehung zu und Genesung von Depressionen und CPTSD (komplexe posttraumatische Belastungsstörung). Während Youden von ihren Erfahrungen mit Klarträumen als einer Form der Behandlung erzählt, spielt sie auch mit der frauenfeindlichen Rahmung dieser Krankheiten und der Entwicklung ihrer Sexualität als dämonische Besessenheit. Außerdem präsentiert die Künstlerin eine Chronologie von Diagnosen, die mit der sich verändernden Wahrnehmung des weiblichen Körpers und Geistes zusammenhängen, wie sie pathologisiert, kontrolliert und missbraucht wurden und wie dies alles mit dem Niedergang und der Auslöschung der pflanzlichen und traditionellen Medizin während des Wachstums der monotheistischen Religionen und des Kapitalismus in Europa zusammenfällt.

Those stones which also express themselves at dawn (2021) ist eine Soundarbeit von Youden und entstand in Zusammenarbeit mit Florian TM Zeisig. Die Komposition beinhaltet elektromagnetische Wellen, die von der Emma-Kunz-Grotte ausgehen. Kunz entdeckte an diesem Kraftort das Heilgestein AION A, der heute vielfach besucht wird, um dessen heilende Energie zu erfahren. Die Soundarbeit beinhaltet darüber hinaus eine Klangschale und Feldaufnahmen, die Youden und Zeisig am 8. Mai 2021 während eines 12-stündigen Besuchs in der Grotte machten. Die Arbeit wurde ursprünglich zusammen mit der Installation Peering through a Half-Open Door (2021) in der Ausstellung Kosmos Emma Kunz. Eine Visionärin im Dialog mit zeitgenössischer Kunst im Aargauer Kunsthaus, Aarau (CH), 2021, gezeigt.

Während der Listening Session wird Beifußtee (Artemisia vulgaris) angeboten. Im Mittelalter galt Beifuß als eine Pflanze, die vor Besessenheit von bösen Geister schützt. Heute ist Beifuß eher als „Traumkraut“ bekannt. Beifuß kann die Erinnerung an Träume verstärken und wird in erster Linie dazu verwendet, in einer meditativen Trance oder vor dem Einschlafen einen Zustand des luziden Träumens oder der Astralprojektion zu aktivieren. Die medizinischen Wirkungen von Beifuß sind besonders günstig für das Fortpflanzungssystem. Er ist ein stark emmenagoges Mittel, das Menstruationsbeschwerden, Unregelmäßigkeiten oder einen schwachen Menstruationsfluss lindert. Aus diesem Grund sollte das Kraut nicht von Schwangeren oder Stillenden eingenommen werden.

Lauryn Youden wurde gemeinsam eingeladen mit Jette Büchsenschütz / TQW Research Affiliation.

In Masterpiece erforscht und verkörpert Luisa Fernanda Alfonso Charaktertänze wie den mexikanischen Mariachi. Dieser zeichnet sich aus heutiger Perspektive durch ein Übermaß an Dramatik, Expressivität und Sexualisierung aus. Hin- und hergerissen zwischen Nostalgie und Irritation, zwischen Faszination und Frustration geht die Performerin der Frage nach, ob und unter welchen Bedingungen diese Ausdrucksformen heute noch eine Berechtigung haben.

Gemeinsam mit dem Komponisten Peter Rubel und umgeben von einer Vielzahl von Lautsprechern beschäftigt sich Alfonso mit der Poetik des Aufbaus, des Abbaus, der Wiederholung, der Variation, der Verwandlung, der Unterbrechung und des Abbruchs von Tänzen und Liedern, die versuchen, in Konsonanz und Dissonanz zu existieren. Die Lautsprecher werden von der Performerin zu Klangskulpturen, Affektträgern, ja sogar Liebhabern umfunktioniert, für die sie gefühlvoll schwelgend Coverversionen lateinamerikanischer Folkloreklassiker zum Besten gibt.

Die Performer*in tastet sich entlang innerer Unebenheiten und geologischer Unruhen in Landschaften vor. Sie begegnet Sedimenten und beginnt, das entstehende physische Relief umzuformen und zu zersetzen. Dieses Relief ist (auch) der Körper. Ein weiblich gelesener Körper, der in seiner Materialität nichts anderes als Körper zu verkörpern sucht, sich in ein (Aus-)Graben und Loslösen begibt. Die Performer*in bringt ihre Figur aktiv und sorgsam drängend episch zu Fall. Eine Körperarchäologie, die Fragmente, Facetten und Ablagerungen freilegt, sie in den Raum trägt und dort Raum nehmen lässt. Der Körper wird zum Sensor, zur Strategie, zur Emanzipation, zur Sprache, zur Schlagkraft und zum genussvollen Umformen der eigenen (Ver)Form(ung).

Festival Day 7
24.05.

Kurz bevor die Sonne untergeht, wenn die Schatten länger werden und die Konturen verschwimmen, breitet sich eine ekstatische Zeit aus. In after the end, before the beginning nutzt Luca Büchler, inspiriert vom Lichtphänomen der Golden Hour, diesen transgressiven Moment, um mit biografischem Bewegungsmaterial den unbestimmten (Performance-)Raum zu untersuchen. Die Handlungen werden einer linearen zeitlichen Wahrnehmung entzogen und lösen sich vom Hier und Jetzt. Gesten verschwinden in der Dunkelheit, Bewegungen kommen im Licht zum Stillstand. Das „Becoming“ glüht am Horizont und lädt Betrachter*innen zum Umherschweifen ein.

several attempts at braiding my way home des Geschwisterpaars Amina und Adam Seid Tahir entsprang einem Gefühl der Sehnsucht nach einem Zuhause. Der Ozean, der in der afrodiasporischen Kultur- und Migrationsgeschichte zugleich für die Unterdrückung und die Freiheit Schwarzer Menschen steht, dient hier als Raum, der die evolutionären Überlebensstrategien von Meeressäugern mit der eritreisch-schwedischen Identität der Künstler*innen verbindet. Afrikanische Haarflechttraditionen, schwedische Fischernetze, klassische Ausdrucksformen der Funk-Musik und Walrosse, die ihre Schnurrhaare zur Navigation nutzen, werden zu einer radikal zärtlichen afronordischen Folklore verwoben.

Artist Talk am Sa, 25. Mai um 16 Uhr in den TQW Studios. Isabelle Edi (Künstlerin, Kuratorin) im Gespräch mit Adam & Amina Seid Tahir. In englischer Sprache.

Festival Day 8
25.05.

Isabelle Edi im Gespräch mit Adam und Amina Seid Tahir über deren künstlerische Arbeit und die Bezugspunkte der Performance several attempts at braiding my way home. Der Talk geht in eine Listening Session mit ozeanischen Motiven über.

a moment of closed eyes.
that we can surrender, 
that we can let off, 
that we can find a moment of devotion in listening.

entering the horizontal, 
meeting the ear 
expanding into a meditative time and feeling

breathe deeply.
make it your own.

Kurz bevor die Sonne untergeht, wenn die Schatten länger werden und die Konturen verschwimmen, breitet sich eine ekstatische Zeit aus. In after the end, before the beginning nutzt Luca Büchler, inspiriert vom Lichtphänomen der Golden Hour, diesen transgressiven Moment, um mit biografischem Bewegungsmaterial den unbestimmten (Performance-)Raum zu untersuchen. Die Handlungen werden einer linearen zeitlichen Wahrnehmung entzogen und lösen sich vom Hier und Jetzt. Gesten verschwinden in der Dunkelheit, Bewegungen kommen im Licht zum Stillstand. Das „Becoming“ glüht am Horizont und lädt Betrachter*innen zum Umherschweifen ein.

several attempts at braiding my way home des Geschwisterpaars Amina und Adam Seid Tahir entsprang einem Gefühl der Sehnsucht nach einem Zuhause. Der Ozean, der in der afrodiasporischen Kultur- und Migrationsgeschichte zugleich für die Unterdrückung und die Freiheit Schwarzer Menschen steht, dient hier als Raum, der die evolutionären Überlebensstrategien von Meeressäugern mit der eritreisch-schwedischen Identität der Künstler*innen verbindet. Afrikanische Haarflechttraditionen, schwedische Fischernetze, klassische Ausdrucksformen der Funk-Musik und Walrosse, die ihre Schnurrhaare zur Navigation nutzen, werden zu einer radikal zärtlichen afronordischen Folklore verwoben.

Artist Talk am Sa, 25. Mai um 16 Uhr in den TQW Studios. Isabelle Edi (Künstlerin, Kuratorin) im Gespräch mit Adam & Amina Seid Tahir. In englischer Sprache.

 
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