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Remember!

Remember!

Laut dem britischen Historiker, Soziologen und Philosophen Theodore Zeldin lässt sich die höchst schwierige Frage nach dem Sinn des Lebens sehr einfach beantworten. Es gilt, die Welt zu erforschen. Dieses Unterfangen lässt sich nicht erfolgreich bestreiten, wenn wir uns nur mit uns selbst beschäftigen. Im Gegenteil: Es geht darum, zu kommunizieren und vor allem zuzuhören. Und wir müssen diese Kommunikation nicht nur in der Gegenwart führen, sondern auch weiter in der Zeit zurückgehen. Zeldin kritisiert, dass wir uns viel zu wenig damit beschäftigen, was uns früher und heute andere zu sagen haben.

Denn, so Zeldin: „You cannot have ideas about the future unless you have rich memories. The extent of your memories determines how much you can imagine about the future. If you lose your memory you cannot think about the future.“

Der Tanz als bekanntermaßen „flüchtiges“ Medium leidet chronisch an mangelnder Erinnerungsarbeit – und den damit verbundenen Folgen für die Gegenwart und die Zukunft. In den ersten beiden Monaten 2020 begleitet uns deshalb ein Themenschwerpunkt mit dem Titel Remember!, der sich exemplarisch damit beschäftigt, was Tanz ist, war und sein kann. In den damit verbundenen Arbeiten wird zum einen ganz Unterschiedliches erinnert und auf ganz unterschiedliche Art und Weise erinnert.

Von den in diesem Programmheft angekündigten Arbeiten reiht sich neben Doris Uhlichs stuck, Elizabeth Wards Dancing’s Demons, Barbara Kraus’ Wer will kann gehen auch der Doppelabend Animals on the Beach & my choreographed body … revisited von Deborah Hay Ende Februar in das Thema ein. Vorträge des Philosophen Guillaume Paoli und des Dramaturgen Goran Sergej Pristaš umkreisen die Zusammenhänge zwischen Rückschau und dem Blick in die Zukunft, zwischen Utopie und poetischer Imagination.

In Doris Uhlichs jüngster Choreografie stehen Gabriele Oßwald und Wolfgang Sautermeister auf der Bühne. Was passiert, wenn ein politisch engagiertes Veranstalter*innenpaar mit all seiner Lebens- und Seherfahrung und den damit verbundenen Erinnerungen ein Stück erarbeitet? Elizabeth Ward hingegen geht der Geschichte des Ausdruckstanzes der 1920er-Jahre und dessen politischen Verstrickungen am Beispiel von Mary Wigman nach. Was können wir daraus für die Kunst von heute ableiten, die immer wieder aufgefordert wird, politisch zu ein? Was bedeutet es, wenn Kunst sich politisch positioniert, dabei aber die sozusagen „falsche“ Richtung einschlägt? Ein ganz anderer Fall ist Barbara Kraus. In ihrer Arbeit, die eines doppelten Jubiläums gedenkt, feiert Kraus ihr 25-jähriges künstlerisches Schaffen. Ihr Komplize JohnPlayerSpezial begeht gleichzeitig seinen zwanzigsten Geburtstag.

Wir freuen uns zudem sehr, Ende Februar Deborah Hays neues Gruppenstück und ein Solo, von der einflussreichen Choreografin höchstpersönlich getanzt, präsentieren zu dürfen! Deborah Hay, eine der Ikonen des postmodernen Tanzes, nähert sich ihrem achtzigsten Lebensjahr und ist nach wie vor künstlerisch aktiv.

Kurz zusammengefasst, der Themenschwerpunkt Remember! widmet sich wichtiger Erinnerungsarbeit rund um den Tanz, die für das Heute und das Morgen von Bedeutung ist.

 
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