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PARASOL Chat 3/5

Shahrzad Nazarpour im Gespräch mit Gianna Virginia Prein

 

Shahrzad Nazarpour im Gespräch mit Gianna Virginia Prein

Die fünf PARASOL-Teilnehmer*innen haben ihre erste Probenphase mit Ian Kalers Ecto-Fictions abgeschlossen und auf die Bühne gebracht. Gianna Virginia Prein, Schreibende und Künstlerin, die die diesjährige Gruppe begleitet, nutzt die Sommerpause, um mit den Teilnehmer*innen skizzenhafte Gespräche über Probenprozesse und -praktiken zu führen. Shahrzad Nazarpour und sie haben per Mail miteinander geschrieben. Der Aufwärmfragenkatalog wurde dabei schnell zum eigentlichen Gespräch über Begegnungen und Widerstand.

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Gianna Virginia Prein: Wie haben die Probenprozesse bei dir nachgewirkt?

Shahrzad Nazarpour: Ich hatte noch diese minimalistische und langsame Art der Bewegungen in meinem Körper.

GVP: Was hat diese Entschleunigung mit dir gemacht?

SN: Ich bin dadurch geduldiger geworden. Durch die Proben habe ich gelernt, die Dinge um mich herum genauer zu betrachten. Der Satz „less is more“ wurde mir verständlicher und ich konnte ihn anwenden. Davor war er mir zu abstrakt. Aber ich war nicht nur von dem was ich von Ian Kaler gelernt habe, beeinflusst, sondern auch von der Zusammenarbeit mit den anderen Performer*innen. Ich habe mein Ego als Performerin und als Shahrzad auf der Bühne kontrolliert, um mehr über Zusammenarbeit und Zusammensetzung nachzudenken. Wir waren fünf Performer*innen mit unterschiedlicher Herkunft, aber ich konnte nur die Menschen in dieser Zusammenarbeit sehen und nicht ihre unterschiedlichen Nationalitäten. Die Begegnung mit den Pferden war außerdem eine ganz besondere und neue Erfahrung für mich. Ich hatte nie eine Beziehung zu Tieren, auch keine Haustiere.

GVP: Hat sich deine Praxis verändert, seit du aus dem Iran nach Österreich gekommen bist? Gibt es Dinge, die du hier oder dort nicht machen kannst?

SN: Ich hatte Probleme mit dem Iranischen Regime. Meine Arbeiten waren vor Allem gegen die Unterdrückung der Mullah. Seit ich nach Wien gekommen bin, befasse ich mich vor Allem mit dem Thema der Diskriminierung. In diesen zwei Jahren habe ich neben viel Liebe und vielen großartigen Möglichkeiten, die ich bekommen durfte, leider auch viel Diskriminierung erfahren. Nicht nur wegen meiner Nationalität. Ich begegne ihr überall, täglich.

GVP: Wie wurdest/wirst du diskriminiert?

SN: Diskriminierung hat weite Grenzen. Es kann ein Blick sein oder ein Wort. Zum Beispiel habe ich auf Deutsch mit jemandem gesprochen und obwohl die Person mich verstehen konnte, hat sie trotzdem auf Englisch geantwortet. Häufig geht es aber um meinen Namen. Ich habe mit so vielen Leuten gearbeitet, die meinen Vornamen nach sechs Monaten nicht richtig aussprechen konnten oder in der Mail falsch geschrieben haben, obwohl mein Vorname in meiner E-mailadresse steht. Oder wenn ich meine Werke jemandem zeige, werde ich meist zu meinem Vater gefragt oder ob ich religiöse Eltern habe. Diese Frage wird mir nur gestellt, weil ich aus dem Iran komme. Ich kann nicht genau sagen, wo ich diskriminiert werde. Es gibt aber auch Leute, die sehr offen denken und denen Herkunft ganz wurscht ist.

GVP: Du hast in deinen Stücken auch biografisch gearbeitet. Das Private ist politisch – ist dir wichtig, dass deine Kunst politisch ist und Statements setzt?

SN: Ich weiß nicht ob ich das Statement nennen könnte und will es auch nicht. Aber ich sehe die Kunst als einen Raum, der das Potenzial hat, Widerstand gegen Ungerechtigkeit zu sichtbar zu machen.

GVP: Wie sieht dieser Widerstand bei dir aus?

SN: Ich benutze Humor, weil er Kraft hat. Weil er tief wirken kann.

GVP: In wie weit iPerformance für dich ein gutes Medium um politische Ansichten zu transportieren bzw. zu verhandeln?

SN: Performance ist der einzige Weg, den ich kenne. Das hat als Medium immer gut für mich funktioniert. Dadurch konnte ich andere Menschen dazu einladen, zusammen zu sitzen und zu reflektieren.

Shahrzad Nazarpour ist im Iran aufgewachsen und studierte dort Theater und Kunst. 2020 hat sie ihr Studium in der Klasse für Transmediale Kunst an der Universität für angewandte Kunst in Wien aufgenommen. Mit ihrem Solo Hijab offline war sie Teil der ersten Ausgabe von Skin – Performancefestival für junge Erwachsene im Dschungel Wien.

 
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