Theorie Editorial März/April 2022
Mariama Diagne eröffnete das TQW Theorieprogramm in diesem Jahr, indem sie die vielfältigen Facetten des Begriffs „Schatten“ erkundete: das, was verborgen bleibt, aber beleuchtet werden will, das, was nicht sichtbar ist, aber eine notwendige Bedingung für Sichtbarkeit darstellt. Das Programm fungiert weiterhin als Scheinwerfer für Themen, Subjekte, Körper und Praktiken, die allzu oft im Schatten bleiben: Gerko Egert diskutiert Choreografie aus der kritischen Perspektive der Neurodiversität, Eike Wittrock teilt seine Recherchen in bisher nicht anerkannten queeren Tanzarchiven, während Frédéric Pouillaude für den Tanz als Kraft plädiert, die zum Schweigen gebrachte kollektive Energien fördert.
Das Programm des Tanzquartier Wien bietet nicht nur eine Plattform für kritische Stimmen in der Tanz- und Performancetheorie, sondern unterstützt auch langfristig das Feld, das diese Theorie produziert. Doing Things with Theory ist ein Projekt, das Gruppen von Studierenden – sowohl mit praktischem als auch mit theoretischem Hintergrund – dazu einlädt, mit einer*einem Künstler*in/Wissenschaftler*in zusammenzuarbeiten, um Überschneidungen zwischen ihren Bereichen zu erforschen. Das Projekt TQW Research Affiliation wiederum unterstützt Nachwuchswissenschaftler*innen und/oder unabhängige Forscher*innen, indem es einen mittelfristigen Forschungsaufenthalt anbietet und so auf die prekären Bedingungen reagiert, die dazu führen können, dass Theoretiker*innen ihr Forschungsfeld verlassen. Performatorium (Olivia Jaques / Marlies Surtmann), die ersten TQW Affiliates, schlagen in ihrem Projekt vor, mithilfe von Embodied Mapping, Oral History und kritischen archivarischen Forschungspraktiken die Tanztheorie im Kontext von Performance und bildender Kunst neu zu gestalten. Weiters lädt Netta Weisers interdisziplinäre Reise Radio-Choreography dazu ein, die Aufführungsmodalitäten zu überschreiten und den Tanz über auditive Kanäle wahrzunehmen: Tune in!
Anna Leon (TQW Theorie)